7.) Eduard Hamm als akademischer Lehrer


Dass Eduard Hamm vor, zwischen oder nach den beiden juristischen Staatsprüfungen nicht promoviert hat, dürfte so zu verstehen sein, dass er von vornherein keine akademische Laufbahn anstrebte, und dass Doktorate ohne universitäre Karrierepläne im „langen 19. Jahrhundert“, anders als danach, in Deutschland wenig bis gar nicht üblich sind. Es wird aber für das Wesen Eduard Hamms als charakteristisch eingestuft werden können, dass er auch lange, bevor er 1927 von der Juristischen Fakultät der Universität Erlangen die Ehrendoktorwürde verliehen bekommen wird, in amtlichen Dokumenten, die andere über ihn ausstellten, mitunter als „Dr. Eduard Hamm“ bezeichnet wird. Man nimmt bei seiner hohen Bildung vermutlich einfach an, dass er promoviert sein müsse. Nicht nur privat, sondern auch dienstlich praktiziert Eduard Hamm Bildung, und zwar bereits in seiner Zeit als Rechtsrat der Stadt Lindau, wo er etwa bei einer Tagung des „Vereines für Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung“ 1909 den Festvortrag hält (vgl. Hardtwig 2018, S. 30).

Zurück im bayerischen Staatsdienst übt Eduard Hamm eine Lehrtätigkeit innerhalb des Innenministeriums aus, so im Sommer 1913 im Rahmen eines Fortbildungskurses für höhere Staatsverwaltungsbeamte, bei dem seine „Ausführungen über Recht und Unrecht der Reklame großen Beifall“ gefunden hätten, wie Staatsminister von Soden-Fraunhofen höchstpersönlich anerkennend feststellt.

 

Es belegt sowohl Eduard Hamms Leistungsbereitschaft als auch seine Bildungsaffinität, dass er gegen Ende des Ersten Weltkrieges zusätzlich zu seinem Dienst als Legationsrat im Kgl. Bayerischen Staatsministerium des Königlichen Hauses und des Äußern eine Lehrtätigkeit an der Technischen Hochschule München aufnimmt. Am 16. Oktober 1918, also an „seinem 39. Geburtstag“, „hielt Edi in der Technischen Hochschule seine erste Vorlesung von 12 – 1 Uhr über Rechtslehre u. kam ganz befriedigt nach Hause“, wie Maria Hamm in der von ihr geführten „Familienchronik Eduard u. Maria Hamm, Okt. 1918 – Dez. 1929“ im „I. Buch“ auf Seite [3] vermerkt.

 

 

Eduard Hamm setzt seine Lehrtätigkeit an der Technischen Hochschule München, die 1967 in „Technische Universität München“ umbenannt werden wird, auch nach Kriegsende, der Revolution und dem Ende des Königreichs fort, nämlich im Rahmen des „für die Kriegsteilnehmer vom 16. Januar bis 12. April 1919 eingeschobenen Winter-Semester 1919“.

 

 

Auch in seiner Berliner Zeit unterhält Eduard Verbindungen zur akademischen Welt. Im Oktober 1923 – es ist die Zeit zwischen seinem Ausscheiden aus der Reichskanzlei und dem Dienstantritt als Reichswirtschaftsminister – ist Eduard Hamm an Plänen der Deutschen Hochschule Politik (DHfP) beteiligt, einen „Kursus für München“ zu organisieren. Hamms Ansprechpartner bei der DHfP ist deren damaliger Studienleiter, Theodor Heuss. Die Deutsche Hochschule für Politik ist 1920 institutionalisiert worden, aufbauend auf der „Staatsbürgerschaftsschule“ von Friedrich Naumann (1860–1919), dem Vordenker des (Links-)Liberalismus und Mitbegründer der Deutschen Demokratischen Partei, dem Eduard Hamm in seiner Zeit als Magistratsrat in Lindau 1908/09 persönlich begegnet ist. An der DHfP doziert, wie auch aus dem Entwurf eines „Kursus für München“ hervorgeht, gewissermaßen das ,Who’s Who‘ der pro-republikanischen und demokratiefreundlichen deutschen Politiker, Historiker, Philosophen, Juristen, Ökonomen und Soziologen – ganz im Sinne der Gründungsintention der Hochschulneugründung, die junge Weimarer Republik auf diese Weise akademisch zu unterstützen. Nach der „Machtergreifung“ durch das NS-Regime zunächst gleichgeschaltet, wird die DHfP 1940 als „Auslandswissenschaftliche Fakultät“ in die Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin eingegliedert werden. 1948 wiedererrichtet, wird man die DHfP 1959 als Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaften in die Freie Universität in West-Berlin integrieren. In München wird eine eigene „Hochschule für Politik“ (HfP) 1950 gegründet werden – auf Betreiben der US-amerikanischen Besatzungsmacht. 2014 reorganisiert, befindet sich die Münchener HfP heute in der Trägerschaft der TU München, an welcher, als sie noch TH München hieß, Eduard Hamm 1918/19 Vorlesungen über Rechtslehre hielt.

 

 

Neben seinem Amt als Erstes Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHT, 1925–1933) fungiert er an der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin, der heutigen Humboldt-Universität, – damals die größte und bedeutendste Hochschule im deutschsprachigen Raum – als Vorsitzender des Prüfungsausamtes für Diplomvolkswirte. Im Zuge der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten lässt sich Hamm, auch hier von Beginn an ostentativ resistent gegen das NS-Regime, im Mai 1933 von dieser Tätigkeit entbinden wie von seiner Führungsposition beim DIHT. Auch der Lehrauftrag, den Eduard Hamm an der Berliner Handelshochschule innehat, läuft 1933 aus.