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Objekttyp
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Brief
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Objekttitel
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*Eduard Hamm als Lehrbeauftragter an der Technischen Hochschule München im Winter 1918/19
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Originaltitel
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Nr. 2461 (N.) Senat der Technischen Hochschule München [a]n Herrn Legationsrat Dr. Hamm Dahier. München, 17. März 1919. Betreff: Vergütungen für Lehraufträge und Stellvertretungen im „eingeschobenen Wintersemester 1919“
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Objektstatus
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Original
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Interne Signatur
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dhup_hamm_lebe_baystmkhaeu_th-muenchen_lehrauftrag-1919
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Digitale Kollektion
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EHOA 2024
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Verzeichnungsstufe
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Dokument/Einzelressource
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Entstehungsort oder Erscheinungsort
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München
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Datierung oder Erscheinungsjahr
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1919-03-17
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Entstehungsstufe
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Ausfertigung
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Maße des Objektes
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Länge: 33 cm; Breite: 20,5 cm
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Bemerkungen
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Eduard Hamms Lehrauftrag an der Technischen Hochschule (TH) München im Revolutionswinter 1918/19 stellt nicht nur eine bemerkenswerte Episode in seinem Leben dar, sondern auch im übergeordneten Kontext der Universitäts- und Wissenschafts-, Politik- und Geistesgeschichte. Es ist ein besonderes Phänomen der deutschen Universitäts- und Bildungsgeschichte im 20. Jahrhundert, dass wenige Wochen nach dem Ende des verlorenen Ersten Weltkriegs an wohl den meisten deutschen Universitäten und Hochschulen außerreguläre Sondersemester für Kriegsheimkehrer stattfanden und Kriegsteilnehmer auch danach bevorzugt zum Studium zugelassen werden (vgl. etwa für Tübingen Paletschek 2001, S. 107). In München ermöglicht zur gleichen Zeit, als Hamm nebenan an der TH lehrt, während dieser revolutionären Umbruchphase die an sich so elitäre Ludwig-Maximilians-Universität etwas, das in den geistesaristokratischen Jahrzehnten zuvor kaum denkbar gewesen wäre: Sie veranstaltet – konträr zu einem professionell-kritischen Wissenschafts- und Lehrkonzept – ideologisch geprägte „Propaganda- und Aufklärungskurse“ für Mitglieder der Reichswehr. Der später bekannteste Teilnehmer dieser Veranstaltungen ist ausgerechnet eine Person nicht nur ohne Abitur, sondern ohne jedweden Schulabschluss – Adolf Hitler (Hartmann et al. 2016, S. 563–579), für dessen sich herausbildende Ideologie die in diesen Kursen aufgenommenen Einflüsse prägend sein werden (vgl. Hall 2020, p. 69 ff.). In Hitlers eigenen Worten sind „diese Kurse [...] von größter Folgewirkung“ für ihn (Hartmann et al. 2016, S. 577), zumal hier prominente Professoren der LMU dozierten wie der Historiker Karl Alexander von Müller (1882–1964). Von seiner eigentlichen Herkunft her ein „Geistesaristokrat“ wie Eduard Hamm, der mit diesem um die Jahrhundertwende nahezu gleichzeitig Stipendiat der elitären Stiftung Maximilianeum gewesen war (Hamm wurde 1898 aufgenommen, von Müller 1902, vgl. https://www.stiftungmaximilianeum.com/gefoerderte-seit-1852, aufgerufen 2024-06-20) und z. B. bis 1933 gemeinsam mit Hamm auch Mitglied im Münchener Rotary Club war, sollte beginnend mit den „Propaganda- und Aufklärungskursen“ des Sommers 1919 ein wichtiger Förderer Hitlers und dessen „Türöffner“ in die „bessere Gesellschaft“ der bayerischen Landeshauptstadt werden und nach 1933, dann mehr denn je zuvor ausgestattet mit zahlreichen hoch- und höchstrangigen Pfründen und Auszeichnungen im deutschen (Geschichts-)Wissenschaftsbetrieb, einer der „Historiker für den Nationalsozialismus“ (vgl. Berg 2014) schlechthin werden.
Der Unterzeichner des Schreibens, Karl Heinrich Hager (1868–1946), war nach seinem Studium des Bauingenieurwesens zunächst – wie zur gleichen Zeit Eduard Hamm – im königlich bayerischen Staatsdienst tätig gewesen, zuletzt in einem der Münchener Ministerien (1906 Direktionsrat im Verkehrsministerium, befasst v.a. mit Eisenbahnbau), bevor er 1908 auf einen Lehrstuhl für Eisenbahnbetonbau an der TH (seit 1967: TU) München berufen wurde. In den akademischen Jahren 1917/18 und 1918/19 amtierte er als Rektor der TH München. 1919 wechselte er auf die Stelle als Direktor der Bayerischen Landesgewerbeanstalt Nürnberg – auch dies wiederum eine Parallele zur Lebenswelt Eduard Hamms: der Wechsel aus einem etablierten Staatsamt, wenn auch nicht, wie bei Hamm, zu einem nicht-staatlichen Verband (DIHK), wenn doch auch in eine Körperschaft des öffentlichen Rechts; zugleich eine weitere Akzentuierung der liberalen Version der „Achse München – Nürnberg“. Als Hager nach Nürnberg ging, amtierte dort noch der für Eduard Hamm in vielerlei Hinsicht so wichtige Otto Geßler (1875–1955) als Oberbürgermeister (DDP). Biographische Daten zu Hager vgl. Seifferth 1966.
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Hinweise auf Forschungsliteratur
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Sylvia Paletschek, Die permanente Erfindung einer Tradition. Die Universität Tübingen im Kaiserreich und in der Weimarer Republik (= Contubernium, Bd. 53), Stuttgart 2001.
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David Ian Hall, Hitler's Munich : the capital of the Nazi movement, Barnsley, South Yorkshire, 2020.
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Stiftung Maximilianeum / Wittelsbacher Jubiläumsstiftung – Geförderte seit 1852, URL: https://www.stiftungmaximilianeum.com/gefoerderte-seit-1852 (aufgerufen 2024-10-01)
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Matthias Berg, Karl Alexander von Müller. Historiker für den Nationalsozialismus (= Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Bd. 88), Göttingen 2014.
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Otto Seifferth, Hager, Karl, in: Neue Deutsche Biographie 7 (1966), S. 491 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116381701.html#ndbcontent (aufgerufen 2024-10-02)
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Othmar Plöckinger, Adolf Hitler als Hörer an der Universität München im Jahr 1919. Zum Verhältnis zwischen Reichswehr und Politik, in: Elisabeth Kraus (Hg.), Die Universität München im Dritten Reich. Aufsätze. Teil II (= Beiträge zur Geschichte der Ludwig-Maximilians-Universität München, Bd. 4), München 2008, S. 13–48.
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Othmar Plöckinger, Aufklärungskommando und Propaganda der Reichswehr in Bayern, publiziert am 10.03.2015; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Aufklärungskommando_und_Propaganda_der_Reichswehr_in_Bayern (aufgerufen 2024-10-01)
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