13.) Hamm als Gegner des Nationalsozialismus – vor und nach 1933
Integraler Teilaspekt von Eduard Hamms politischer „Individuation“, also seinem entschiedenen Eintreten für Demokratie und Republik nach der Revolution 1918, ist von dessen frühesten Anfängen an die vehemente Ablehnung der nationalsozialistischen Bewegung und die aktive Gegnerschaft gegen Rechtsradikalismus. Hamm muss sich dabei nicht nur als liberales Mitglied der Bayerischen Staatsregierung und des Bayerischen Landtages mit dem Aufstieg der NSDAP und Adolf Hitler direkt befassen – seine Rolle als Vertreter der „linksliberalen“ Deutschen Demokratischen Partei ist hierbei speziell gegenüber denjenigen Kabinettskollegen, die sich als Exponenten der „Ordnungszelle Bayern“ verstehen (wie etwa Gustav Ritter von Kahr), komplex; diesbezügliche Schwierigkeiten führen 1922 auch zum Rücktritt Hamms als Bayerischer Handelsminister.
Auch im direkten Umfeld der privaten Lebenswelt müssen Eduard Hamm und seine Familie den Aufstieg des Nationalsozialismus in der später vom Regime zur „Hauptstadt der Bewegung“ ernannten bayerischen Landeshauptstadt in wortwörtlich direkter Nähe mit ansehen. Denn seit 1911 wohnen die Hamms sehr zentral in der Münchener Maxvorstadt, in der Schellingstraße 83/II, also einer Nebenstraße der Ludwigstraße. Just in der Schellingstraße befinden sich auch eine Reihe von Örtlichkeiten, die in der Aufstiegsphase der NSDAP und Hitlers von Bedeutung sind. In der Schellingstraße 50 befindet sich das Atelier des Haus- und Hoffotografen Hitlers, Heinrich Hoffmann; 1925–1931 – zu diesem Zeitpunkt wird die Familie Hamm bereits von München nach Berlin gezogen sein – wird ebendort auch die Parteizentrale der NSDAP untergebracht sein. Schellingstraße 39–41 ist der Sitz des „Münchener Buchgewerbehauses“ mitsamt der Redaktion des „Völkischen Beobachters“; dort wird 1925/26 auch Hitlers „Mein Kampf“ gedruckt. Außerdem befinden sich in derselben Straße die beiden bevorzugten Münchener Lokalitäten Hitlers: der Schelling-Salon (Schellingstraße 54 / Ecke Barer Straße) und die Osteria Bavaria (Schellingstraße 62), eines der ersten italienischen Restaurants in Deutschlands.
Auch diese räumliche Nähe zu den politischen Entwicklungen in München lässt Eduard Hamm früher und entschiedener als viele andere Demokraten im jungen Freistaat Bayern und im republikanischen Deutschen Reich auf Distanz nicht nur zur radikalen Linken gehen – wie sie sich etwa in der „Münchner Räterepublik“ 1919 gewaltsam an die Macht gebracht hat – sondern auch zur extremen Rechten. An deren Spitze steigt (un)aufhaltsam Hitler auf, den Eduard Hamm im Januar 1923 – also gut ein Jahr vor Hitlers Putschversuch in München – gegenüber seiner Frau explizit als „Narren“ und implizit als „Verbrecher“ bezeichnet. Beim „Hitlerputsch“ vom 8./9. November 1923 ist Eduard Hamm in München Augenzeuge.